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Jacqueline de Rohan

Eine Hauptfigur des Protestantismus in Frankreich und in der Schweiz

Ein Beitrag von Rosine A. Lambin

Jacqueline de Rohan Copyright: Wikimedia Commons/Justass

Lebensdaten:

ca. 1520 - 1578

Unter weiteren Namen bekannt als:

Jacqueline Dame de Blandy-les-Tours, Jacqueline Dame de Gyé (Gié), Jacqueline Marquise de Rothelin, Jacqueline Princesse de Neufchâtel


Beziehungen

Verwandtschaft:

Jacquelines Eltern, die Prinzessin Giovanna di Sanseverino-Bisignano und Charles de Rohan, seigneur de Gyé, vicomte de Fronsac, comte de Guise et d'Orbec, stammen aus hochadligen Häusern. Ihr Bruder war François seigneur de Gyé, vicomte de Fronsac und comte d’Orbec und ihre Schwester die mächtige Geliebte des Königs François I, Claude de Rohan-Gyé, dame de Thoury.

Sie heiratet am 19. Juni 1536 in Lyon François d’Orléans-Longueville, marquis de Rothelin, duc de Longueville, comte de Neuchâtel, prince de Châtellaillon, vicomte de Melun, comte de Tancarville et de Montgomery, baron de Varenguebec, Seigneur de Noyers. Vier Jahre später wird Léonor d’Orléans, duc de Longueville et d’Estouteville geboren. Ihr zweiter Sohn Jacques kommt im Dezember 1547 zur Welt, stirbt jedoch im Säuglingsalter. Knapp ein Jahr später stirbt am 25. Oktober 1548 ihr Ehemann François d’Orléans-Longueville. Jacqueline erbt die Regentschaft von Blandy, sie heiratet nie wieder. Am 5. April 1549 wird ihre Tochter Françoise d’Orléans-Longueville, später verheiratet mit Louis I de Bourbon-Condé, Anführer der Hugenotten, geboren.

Hofbeziehungen:

Jacqueline war mit dem königlichen Haus Valois-Orléans verwandt und Hofdame der Königinnen Éléonore de Habsbourg und Catherine de Médicis. Marguerite d’Angoulême, Schwester des Königs François I, protegierte sie und arrangierte ihre Ehe. Ihr Enkel, Charles de Bourbon-Condé, comte de Soissons, warb um Catherine de Bourbon, Schwester des Königs. Henri IV lehnte jedoch den Heiratsantrag ab. Jacqueline hatte also enge und direkte Beziehungen zum französischen Hof. Diese nutzte sie, um sich für die protestantische Partei, aber auch für den Frieden einzusetzen.

 Protestantisches Netzwerk

Jacquelines Sympathie für die Reformation könnte ihren Ursprung in ihrer Freundschaft zu Marguerite d’Angoulême haben, die den Humanisten und ersten Reformatoren ihren Schutz gewährte. Der erste nachweisbare Hinweis, dass sie sich dem Protestantismus zugewandt hatte, ist auf das Jahr 1555 zu datieren. Charles Privé, Jakobiner aus Provins, wird in Blandy aufgenommen, als er wegen einer Predigt über die Rettung allein durch den Glauben verfolgt wird.

Louis I de Bourbon, prince de Condé, Führer der Hugenotten und Witwer der Politikerin Eléonore de Roye, heiratete in zweiter Ehe Jacquelines Tochter, Françoise, im November 1565 in Noyers (Bourgogne). Am 10. August 1572 heiratete Henri de Bourbon, sein Sohn, die Prinzessin Marie de Clèves im Burg von Blandy. Marie de Clèves war die Nichte der protestantischen Führerin Jeanne d’Albret, Tochter der Marguerite d’Angoulême. Der hugenottische Hochadel und seine Sympathisanten waren in Blandy versammelt, darunter Renée de France, Tochter des Königs Louis XII, Henri de Navarre, der spätere König Henri IV, und Gaspard de Coligny. Die nächste Hochzeit zwischen Henri de Navare und der Königsschwester, Marguerite de Valois, folgte am 18. August in Paris (noces vermeilles).

Während der Bartholomäusnacht im August 1572 ist Jacqueline wie alle protestantischen Adligen in Paris. Unbekannt bleibt, ob Jacqueline dem Protestantismus abschwor, wie fast alle anderen. Fest steht, dass sie an Konferenzen teilnahm, die dazu dienten, die Hugenotten vom Katholizismus zu überzeugen. Obwohl ihre Tochter abschwor, lebten sie weiter in Blandy zusammen. Ein Brief datiert vom 11. April 1587, geschrieben von Françoise d’Orléans an die duchesse de Longueville belegt, dass Jacqueline auch kurz vor ihrem Tod im Juli 1587 noch Protestantin war. In diesem Brief verleiht die Briefautorin der Sorge um ihrer Mutter Ausdruck, weil der Hof vorhat, die Hugenotten auszurotten.

 Reformatoren und Geistliche

Der Kontakt zwischen Guillaume Farel, Jean Calvin und Jacqueline trat wegen ihrer Regentschaft in Neuchâtel auf, wo sie Verantwortung für die Kirche trug. Daraufhin besuchte sie Calvin mehrmals in Genf (1557) und korrespondierte ab 1558 mit ihm. Weil sie in ihrem Gebiet Macht besaß, gaben andere Geistliche wie Théodore de Bèze, Pierre Viret, Christophe Fabry, Jacques Sorel, Pfarrer in Pontareuse (Neuchâtel), Heinrich Bullinger, Jean Haller und Pierre Martyr auf die Prinzessin acht: Sie wurde in zahlreichen Briefen erwähnt, in denen ihre Handlungen kommentiert wurden.

Wirkungsbereich

Wirkungsbereich

Jacqueline hatte wenigstens vier Wirkungsbereiche: Sie regierte in Neuchâtel, vermittelte in politisch- religiösen Fragen in Frankreich, organisierte die Zuflucht der Hugenotten in ihrer Region Brie und trug dazu bei, die protestantische Theologie zu verbreiten.

In Neuchâtel war sie zuerst Regentin und, als Léonor volljährig wurde, ließ er seine Mutter weiter in seinem Namen regieren. Ihre Macht war die einer Herrscherin ihrer Zeit.

Ihre Beziehungen zum französischen Hof und ihre Verwandtschaft mit dem königlichen Haus erlaubten ihr, direkt mit den wichtigen Akteuren der religiösen Konflikte in Frankreich zu verhandeln. So schreibt sie am 19. Dezember 1567 an Henri de France, duc d’Anjou, aus Bray-sur-Seine, um den Frieden zu verhandeln und den Krieg zu vermeiden. Vor dem 3. Religionskrieg besucht Jacqueline im Jahr 1568 den König Charles IX. und führt Friedensverhandlungen mit ihm. Die protestantische Partei benutzte sie als Vermittlerin vielleicht auch, weil sie auf beiden Seiten gute Kontakte hatte. Ihre Bemühungen hatten jedoch wenig Erfolg. 

Calvin schrieb Jacqueline im April 1565, sie würde sich nicht schämen, Hugenottin zu sein, weil ihr Haus für Flüchtlinge immer offen war. Sie rettete dabei Menschen, die der protestantischen Religion angehörten. Wie viele, ist leider unbekannt.

Sowohl in Neuchâtel als auch in der Brie kümmerte sie sich um die Organisation der protestantischen Kirche. Sie erlaubte ihr z.B. katholische Gebäude zu übernehmen. Ohne dies hätte die protestantische Kirche nie die Möglichkeit gehabt, sich in ihren Gebieten zu entfalten. Dies ist der Grund, warum Hauptfiguren des Protestantismus mit ihr den Kontakt suchten. Sie ließ aber das religiöse Zusammenleben in ihrem Land zu und lehnte ab, die katholische Religion abzuschaffen, wie es größtenteils der Wunsch der protestantischen Elite war.

Reformatorische Impulse

Jacqueline arbeitete an zwei Fronten: Sie versuchte Einfluss am Königshof für die hugenottische Partei zu gewinnen und organisierte den Schutz der Flüchtlinge und die Verbreitung der Religion in ihren Hoheitsgebieten.

Wie andere Adlige, beispielsweise Madeleine de Mailly, Éléonore de Roye, Charlotte de Laval, Françoise d’Amboise oder Jeanne d’Albret, wirkte sie an der Spitze der Partei und übernahm für sie politische Aufgaben. Während des Sommers 1567 vermittelte Jacqueline zwischen Catherine de Medicis und den Hugenottenführern, um einen neuen Krieg zu verhindern. Die Briefe der venezianischen Botschafter berichten von den Befürchtungen der Katholiken bezüglich ihrer möglichen Erfolge. Sechs Monate später nahm Jacqueline an den Friedensverhandlungen von Longjumeau teil. Agrippa D’Aubigné berichtet, dass im Frühjahr 1568 Condé und Coligny, Führer der Protestanten, Jacqueline, Charles de Téligny und Marguerite de France für Verhandlungen zum König schickten, um den Frieden zu bewahren, was jedoch misslang. Jacqueline hatte den Auftrag von Condé erhalten, dem König die Beschwerden der Partei bezüglich der Missachtung vom Befriedungsedikt zu übergeben – die Beschwerden waren schriftlich und ihn zu bitten, seine Versprechungen zu halten. Ein Informant von Renée de France bestätigt in einem Brief vom 25. Februar 1568, dass Jacqueline als Vermittlerin zwischen Catherine de Medicis und Condé diente, was Berichte von Michel de Castelnau, Jacques-Auguste de Thou und Jean de Serres auch erwähnen. Condé und Coligny waren derzeit in Noyers. Im Sommer 1568, als erneut Kämpfe bevorstanden, unterstützte sie die Gemäßigten auf beiden Seiten. Die Beschwerden wurden von König nicht gehört und Truppen marschierten auf gegen Condé. Jacqueline floh nach La Rochelle und erreichte die Stadt am 18. September. Als die Situation im Norden der Loire immer gefährlicher wurde, zog sich Jacqueline nach Blandy zurück, während andere sich – wie Jeanne d’Albret – für den bewaffneten Widerstand entschieden.

Nach den gescheiterten Verhandlungen des Jahres 1568 scheint es, dass Jacqueline, vielleicht aus Furcht vor Repressalien, vielleicht aus Vernunft, vielleicht aus Altersgründen, sich für die private Ausübung ihrer Religion entschied. Trotzdem wurde sie 1575 von der Regierung beschuldigt, die militärische protestantische Partei weiter zu unterstützen. Der Vorwurf wurde damit begründet, dass sie mit ihren Schwiegerkindern aus der Ehe von Eleonore de Roye und Condé Beziehungen unterhielt. Henri I de Condé besuchte Jacqueline in der Schweiz und rekrutierte dort Truppen. Daraufhin vermutete der französische Hof eine Verschwörung. Sie wies die Vorwürfe in einem Brief an Don Louis Requesens, Gouverneur der Franche-Comté, am 7. August 1575 energisch zurück. In dem Brief beschreibt sie sich selbst als eine Frau, die Streit meidet und in Frieden mit anderen leben will.

In der Schweiz führte Bern eine religiöse Expansionspolitik und schickte 1529 Guillaume Farel nach Neuchâtel. Als Jacqueline Regentin wurde, weil ihr elfjähriger Sohn die Grafschaft erbte, war das Gebiet bereits reformiert. Jacques de Savoie-Nemours sowie Wilhelm von Oranien-Nassau erkannten das Erbe nicht an. Als Wilhelm begriff, dass die Schweizer seinen Kampf gegen die Habsburger nicht unterstützen würden, verzichtete er auf das Erbe. Léonor, vertreten durch Jacqueline, und Jacques regierten gemeinsam bis 1557. Bern wurde einbezogen, um zwischen den streitenden Parteien zu schlichten und einen Vergleich herbeizuführen, und schlug am 19. Juli 1557 die Alleinherrschaft von Léonor gegen eine Entschädigung vor. In Wirklichkeit herrschte Jacqueline über die Grafschaft im Namen ihres Sohnes. Dokumente belegen, dass sie zwischen 1573 und März 1576 die Sitzungen des Staatsrats präsidierte, dann überließ sie die Verwaltung ihrer Schwiegertochter Marie de Bourbon. Jacqueline kümmerte sich dort gründlich um die religiöse Politik und die Verbreitung der Reformation. Die reformierte Kirche von Neuchâtel war auf sie, ihre Beziehungen und ihren Einfluss auf ihren Sohn angewiesen. Sie regelte die religiösen Angelegenheiten der Grafschaft und ernannte Pfarrer.

Anfang Juni 1557 schrieb Jean Haller aus Bern an Bullinger aus Zürich über Jacqueline: „Eine gewisse marquise, die in einem Prozess gegen einen anderen Prinzen bezüglich der Grafschaft von Neufchâtel beteiligt ist, kam neulich aus Frankreich nach Bern. Die Rechtsprechung wird in unserer Stadt stattfinden und, wenn sie nicht gut läuft, ist es zu befürchten, dass die Grafschaft in fremde Hände fällt und die Kirchen des Landes zerstört werden“ (Ioannis Calvini opera quae supersunt omnia. Corpus Reformatorum, Braunschweig 1863–1900, XVI, Epist. Nr. 2645, Haller à Bullinger, Juni 1557, 508). Dieser Brief zeigt, wie abhängig der Verlauf der Reformation in der Region von Jacqueline war. Im Dezember 1561 wurde Jacqueline aufgefordert, die Provinz Landeron, eine noch katholische Gemeinde zwischen Neuchâtel und Bern, zu evangelisieren. Sie führte diese Aufgabe mit Vorsicht durch und erlaubte den protestantischen Gottesdienst nur in der Kirche, was die Bevölkerung trotzdem empörte und Androhungen von Gewalt auslöste. Dies führte dazu, dass Bern mit katholischen Kantonen verhandeln musste. Oft versuchten die Autoritäten protestantischer Kantone adlige Frauen aus Frankreich zu ermuntern, die Reformation konsequenter in ihren Gebieten zu verbreiten. Aber sie waren an politische und soziale Kontexte gebunden, die sie daran hinderten, härter durchzugreifen. Jacqueline weigerte sich sanft, eine radikale Reform umzusetzen und ihre Untertanen mit Gewalt konvertieren zu lassen. Lieber organisierte sie Dispute zwischen Katholiken und Hugenotten. In Blandy ließ sie Guy Arbaleste, seigneur de La Borde durch zwei Pfarrer unterrichten. Sie plante in Paris die Konferenz zwischen Philippe Duplessis-Mornay und François de Menneville. Jacqueline führte 1560 die reformierte Predigt in Noyers, dem Herrschaftsgebiet ihrer Tochter, ein. So lernten innerhalb kurzer Zeit alle Schichten in ihrem Herrschaftsgebiet evangelisches Gedankengut kennen. Selbst die Landarbeiter lernten so den Protestantismus kennen und verbreitete ihn im Norden Frankreichs. Diese Entwicklung hat also indirekt mit dem Einfluss Jacquelines zu tun.

Kommentar

Jacqueline de Rohan ist eine Hauptfigur der Reformation. Sie ist auch von ihr unabhängig geblieben und ist nie fanatisch vorangegangen. Sie ist trotz Lebensgefahr ihrem Glauben treu geblieben, hat sich jedoch nicht von ihrer katholischen Verwandtschaft getrennt. Jacquelines Bemühungen zugunsten der Mäßigung zeigen, dass sie dachte, Frieden könne nur durch Diplomatie und den Verzicht auf religiöse Unnachgiebigkeit erreicht werden. Sie war eine protestantische Humanistin und lehnte ab, den Frieden unter einer theologischen Perspektive zu betrachten. In diesem Sinne war sie auf der Suche nach einem politischen Kompromiss, um das religiöse Zusammenleben in Frankreich zu ermöglichen.

Zum Weiterlesen

J. Boyve: Annales historiques du comté de Neuchâtel et Valangin depuis Jules-César jusqu'en 1722, Berne u.a. 1854-1861.

Histoire du château et du bourg de Blandy en Brie. Jacqueline de Rohan, marquise de Rothelin. Compte rendu du livre de A. H. Taillandier. Bulletin historique et littéraire, Société de l’histoire du Protestantisme français, III, 1854, S. 91-100.

R. A. Lambin: Femmes de paix, La coexistence religieuse et les dames de la noblesse en France, 1520-1630, Paris 2003.

R. A. Lambin: Calvin und die adligen Frauen im französischen Protestantismus. Vorträge der zweiten Emder Tagung zur Geschichte des reformierten Protestantismus, Emden 1999 (online zugänglich unter: http://www.reformiert-info.de/2304-0-0-16.html; Zugriff am 28.7.2014)

P. Lienhardt: Blandy-Les-Tours dans l’histoire du Protestantisme, in: Société de l'histoire du protestantisme français: cahiers du centre de généalogie protestante 4/2 (1991), 73-79.

R. de Perrot: Jacqueline de Rohan, marquise de Rothelin, Étude historique. Extrait du „Musée neuchâtelois“ 1883-1884, Neuchâtel 1884.

R. de Perrot: La marquise de Rothelin en Suisse, ses premiers rapports avec Farel et Calvin, 1557, in: Bulletin historique et littéraire, Société de l’histoire du Protestantisme français III, 32 (1883), 385-400.